Hofportrait Nuglar Gärten

Solidarisch, ökologisch, zukunftsweisend: Ein Besuch bei den Nuglar Gärten
Wie kann Landwirtschaft heute gleichzeitig fair, nachhaltig und gemeinschaftlich organisiert werden? Die Nuglar Gärten im Kanton Solothurn zeigen seit über zehn Jahren, wie das geht – mit vielfältigem Gemüseanbau, gelebter Bodenfruchtbarkeit und einem starken Bildungsauftrag. Ein inspirierendes Hofporträt über Menschen, die mit der Natur arbeiten, statt gegen sie.

Text Christopher Schümann
Fotos Nuglar Gärten

Mehr lesen im Artikel aus dem MAGAZIN 5/23 der Bio-Stiftung Schweiz.

Wieder einmal war ich unterwegs um einen der Partnerbetriebe unseres Bodenfruchtbarkeitsfonds zu besuchen, um herauszufinden und zu beschreiben, was den dort arbeitenden Menschen wichtig ist, wie sie arbeiten und wie sie mit ihrer Initiative in der Welt stehen. Mein Weg führte mich diesmal nach Nuglar. Die Nuglar Gärten liegen in einer hügeligen Landschaft in der Gemeinde Nuglar-St. Pantaleon, in Sichtweite zu Liestal und etwa eine halbe Autostunde von Basel entfernt. Seit 2013 wird hier ein Projekt der solidarischen Landwirtschaft aufgebaut. Dominique Oser ist Landwirtin und hat die Initiative mit ins Leben gerufen. Sie zeigte mir die vielfältigen Gärten und ging auf meine Fragen ein. Der zweite professionelle Gärtner bei den Nuglar Gärten ist Benjamin Zimber. Er hat die Bodenbotschafterausbildung der Bio-Stiftung Schweiz absolviert und vermittelt seinen Zugang zur Landwirtschaft und zum Boden gern in der Pädagogik an Kinder und Jugendliche (Bodenbotschafter). Im Jahr 2014 wurde ein Verein gegründet, um der Initiative eine Rechtsform zu geben. Das Konzept der solidarischen Landwirtschaft berücksichtigt unterschiedliche Ziele gleichzeitig. Die Menschen sollen gesunde Lebensmittel in hoher Qualität und zu einem vertretbaren Preis erhalten. Die Natur soll durch eine nachhaltige Bewirtschaftung aufgebaut und nicht abgebaut werden. Das Ernteausfallrisiko soll gemeinschaftlich getragen werden. Und die Mitarbeiter sollen nicht ausgebeutet werden, sondern einen fairen Lohn erhalten. Das Ernteausfallrisiko wird auf die Schultern der Mitglieder verteilt, indem über den Jahresbeitrag von 100 CHF und die Zahlungen für ein Ernte-Abo, das für eine, zwei oder drei Personen abgeschlossen werden kann, regelmässig Geld auf das Konto des Vereins eingeht. Davon werden alle laufenden Kosten gedeckt, ganz unabhängig vom tatsächlichen Ernteertrag. Dadurch entsteht eine finanzielle Sicherheit und Stabilität. Hierbei gibt es einen Mindestpreis, den alle zahlen müssen. Aber alle sind eingeladen, auch mehr zu zahlen, wenn es ihnen möglich ist. Das bedeutet, dass mal mehr und mal weniger von diesem oder jenem Gemüse verteilt wird, je nachdem wie hoch die Erträge saisonbedingt ausfallen.

GERINGES ERNTEAUSFALLRISIKO DURCH VIELFALT
Der Gesamternteertrag wird aber auch durch die Vielfalt unterschiedlicher Kulturen abgesichert. Es werden Frühkartoffeln, Salat, Fenchel, Kohlrabi, Rosenkohl, Federkohl, Krautstiel, Erbsen, Kefen, Gurken, Randen, Bohnen, Broccoli, Rotkohl, Wirz, Zucchetti, Blumenkohl, Stangensellerie, Mais, Kürbis, Physalis, Auberginen, Pepperoni und Tomaten, davon allein zehn verschiedene Sorten, angebaut. Lagergemüse wird im Winter von anderen Demeterbetrieben zugekauft, weil die Nuglar Gärten noch keine passenden Lagermöglichkeiten haben. Wenn es wetterbedingt bei der einen Kultur mal etwas weniger gibt, dann gibt es an anderer Stelle etwas mehr, weil nicht alle Pflanzen unter den gleichen Wetterbedingungen am besten gedeihen.

Zwei Personen nutzen jetzt eine kleine Fläche, um verschiedene Beeren und Wildbeeren anzubauen. Vom Ertrag werden sie den Nuglar Gärten zehn Prozent abgeben, als Pachtgebühr sozusagen.

Die Nuglar Gärten sind ein zertifizierter Demeter-Betrieb. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Gemüses wird regelmässig mit den Preisen auf dem Wochenmarkt verglichen. In bestimmten Jahren ist die Ernte hervorragend wie in diesem Jahr und dann ist der Preis für Gemüse in Demeter-Qualität sehr günstig im Vergleich zu den Preisen auf dem Wochenmarkt. Manchmal ist es aber auch etwas teurer im Vergleich. Das ist aber erst einmal so gewesen. Normalerweise sind die Preise vergleichbar.

Am Freitagabend betreiben die Nuglar Gärten auf dem Dorfplatz einen Gemüsestand und einmal im Monat gehen sie in Liestal auf den Markt, um auf ihre Initiative aufmerksam zu machen.

Insgesamt bewirtschaften die Nuglar Gärten sechs Hektar, davon wird auf 0,8 Hektar Gemüse angebaut, ein Hektar ist Buntbrache und vier Hektar Wiese mit Obst. Im nächsten Jahr wird die Fläche mit der Buntbrache wieder in die Fruchtfolge aufgenommen und dann soll dort mehr Gemüse und wahrscheinlich auch Getreide angebaut werden.

BODEN UND BODENFRUCHTBARKEIT
Die Böden und ihre Fruchtbarkeit waren bei den Nuglar Gärten von Anfang an ein grosses Thema. Auf den Demoflächen, die über Jahre in ihrer Entwicklung dokumentiert werden, konnte der Humusgehalt innerhalb von 4 bis 5 Jahren von 6% auf 9% gesteigert werden. Das ist eine erstaunliche Entwicklung. Erreicht wurde dies durch eine gezielte Fütterung der Bodenlebewesen durch Gründüngung, auch in Mischkultur mit zum Beispiel Radieschen. Das auf vier Hektar wachsende Heu wird zum Mulchen zwischen den Gemüsekulturen verteilt, wodurch ebenfalls die Bodenlebewesen ernährt werden. Das auf dem Boden liegende Heu schützt aber gleichzeitig den Boden vor Austrocknung und unterdrückt unerwünschte Beikräuter. Die Böden werden mit einer speziell entwickelten Schälfräse nur in den obersten sechs bis acht Zentimetern bearbeitet, um das Bodenleben zu schützen. Von einem Pferdehof in der Nähe kommt der Pferdemist, der zu einem hochwertigen Kompost verarbeitet wird. Hierbei kommen auch bio-dynamische Kompostpräparate zum Einsatz.

BILDUNGSPROJEKTE
Ein wichtiges zusätzliches Element dieser Initiative ist die Bildung. Man will nicht nur selbst innovative Wege gehen, sondern die Öffentlichkeit auch darüber informieren, wie Landwirtschaft wesentlich nachhaltiger betrieben werden kann als bisher. So gab es zum Beispiel am 12. August ein Sommerfest mit anschließendem Solar-Open-Air-Kinoabend. Gezeigt wurde der Film «Kiss The Ground», in dem viele wichtige agrarökologische Zusammenhänge erklärt und innovative Best-practice-Beispiele vorgestellt wurden.

Ein weiteres Bildungsprojekt ist der Weltacker der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, an dem sich die Nuglar Gärten beteiligen. Das Projekt zeigt auf jeweils 2000 qm anschaulich, was weltweit in welchen Proportionen angebaut wird. 2000 qm beträgt dabei die Fläche, die sich pro Kopf ergibt, wenn man die Gesamtzahl der Menschen durch die Gesamtackerfläche teilt. Dabei wird zum Beispiel deutlich, wie viel Fläche für die Produktion von Tierfutter genutzt wird. Weltäcker gibt es inzwischen an vielen Orten. Bei den Nuglar Gärten ist der Weltacker Teil des Bildungsprogramms und bedarf einer kontinuierlichen Pflege und ist daher mit Kosten verbunden.

BEZAHLTE ARBEITSKRÄFTE IM BETRIEB
Bei den Nuglar Gärten ist neben Dominique Oser noch ein zweiter Gärtner tätig. Ausserdem gibt es einen Lehrling, eine Fachkraft für Bildung, die aber auch im Garten hilft, und eine Fachkraft für die Administration. Insgesamt sind es 200 Prozentstellen plus Lehrling, da alle Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten.

Es gibt zur Zeit 80 Abos mit 133 Einheiten, da es auch Abos für zwei oder drei Personen gibt. Da auch Familien mit kleinen Kindern Mitglieder sind, kann man sagen, dass etwa 140 Menschen durch die Nuglar Gärten mit Gemüse versorgt werden.

GEMEINSCHAFTLICHE AKTIVITÄTEN
Dienstags und donnerstags können die Mitglieder beim Gemüseanbau mithelfen. Zweimal im Jahr kann man auch am Samstag mithelfen. Ausserdem gibt es mindestens zwei Feste im Jahr, eines im Frühling und eines im Sommer oder Herbst. In der Zeit der Wintersonnenwende wird ein Flurgang gemacht, zu dem alle Mitglieder eingeladen sind.

   

IM GESPRÄCH MIT DER NATUR
Den MitarbeiterInnen der Nuglar Gärten ist bei ihrer Arbeit die Achtsamkeit auf allen Ebenen wichtig, auch im Hinblick auf das, was die Natur an diesem Standort will, oder, was für sie gut wäre.

Die Natur wird hier wie ein reales Gegenüber betrachtet, mit dem man kommunizieren kann. Bei mir kam die Frage auf, wie man denn unterscheiden kann, ob die Natur tatsächlich auf Fragen antwortet, oder man sich das nur einbildet. Dominique: «Das ist auch Übungssache. Ich mache das schon sehr lange und habe zu dem Thema auch eine Ausbildung gemacht. Mit der Zeit merkt man, dass man viel feiner in der Wahrnehmung und in der Unterscheidung wird, das bin jetzt ich, die da interpretiert, und das kommt jetzt wirklich von aussen. Natürlich bin ich es immer noch, welche die Übersetzung macht, und ich bin es auch, die die Antworten empfängt. Darum ist es auch sehr geprägt von dem, wo ich stehe und was mich beschäftigt. Spannend ist es dann, wenn man das in der Gruppe macht, denn dann kann man die Antworten auch vergleichen und merkt dann, wir haben eigentlich ähnliche und oft auch gleiche Eindrücke. Man kann auch beobachten, dass das, was man an Antworten empfängt, sich komplett unterscheidet von dem, was man zuerst so eher kopfmässig gedacht hat».

WIRTSCHAFTLICHKEIT
Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen immer wieder, dass die Initiative sich im Hinblick auf den Gemüseanbau finanziell tragen kann, aber die Nachhaltigkeitsleistungen (Pflege der Biodiversitätsflächen, Kleinstrukturen, faire Arbeitsbedingungen, die Bildungsveranstaltungen und der Weltacker nicht aus den Mitgliederbeiträgen und Abos finanziert werden können. Dafür braucht es zusätzliche Fundraising-Aktivitäten, um das dafür nötige Geld zu beschaffen.

Aktuell haben die Nuglar Gärten ein Haus gekauft und sind noch auf der Suche nach Darlehen, da eine Hypothek im nächsten Jahr abbezahlt werden muss. Einige Ernte-Abos sind auch noch zu vergeben und neue Mitglieder sind herzlich willkommen. Wer in der Nähe wohnt, sollte sich die Website einmal anschauen oder am besten gleich persönlich vorbeikommen. Den Weltacker kann man jederzeit anschauen.

Wir wünschen den Nuglar Gärten für die Zukunft weiterhin gutes Gelingen!

www.nuglargaerten.ch

Betriebsspiegel
0.8 ha Gemüse
1 ha Buntbrache
4 ha Wiese mit Obst (Hochstammbäume und Beerensträucher)

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Hofportrait Nuglar Gärten

Solidarisch, ökologisch, zukunftsweisend: Ein Besuch bei den Nuglar Gärten
Wie kann Landwirtschaft heute gleichzeitig fair, nachhaltig und gemeinschaftlich organisiert werden? Die Nuglar Gärten im Kanton Solothurn zeigen seit über zehn Jahren, wie das geht – mit vielfältigem Gemüseanbau, gelebter Bodenfruchtbarkeit und einem starken Bildungsauftrag. Ein inspirierendes Hofporträt über Menschen, die mit der Natur arbeiten, statt gegen sie.

Text Christopher Schümann
Fotos Nuglar Gärten

Mehr lesen im Artikel aus dem MAGAZIN 5/23 der Bio-Stiftung Schweiz.

Wieder einmal war ich unterwegs um einen der Partnerbetriebe unseres Bodenfruchtbarkeitsfonds zu besuchen, um herauszufinden und zu beschreiben, was den dort arbeitenden Menschen wichtig ist, wie sie arbeiten und wie sie mit ihrer Initiative in der Welt stehen. Mein Weg führte mich diesmal nach Nuglar. Die Nuglar Gärten liegen in einer hügeligen Landschaft in der Gemeinde Nuglar-St. Pantaleon, in Sichtweite zu Liestal und etwa eine halbe Autostunde von Basel entfernt. Seit 2013 wird hier ein Projekt der solidarischen Landwirtschaft aufgebaut. Dominique Oser ist Landwirtin und hat die Initiative mit ins Leben gerufen. Sie zeigte mir die vielfältigen Gärten und ging auf meine Fragen ein. Der zweite professionelle Gärtner bei den Nuglar Gärten ist Benjamin Zimber. Er hat die Bodenbotschafterausbildung der Bio-Stiftung Schweiz absolviert und vermittelt seinen Zugang zur Landwirtschaft und zum Boden gern in der Pädagogik an Kinder und Jugendliche (Bodenbotschafter). Im Jahr 2014 wurde ein Verein gegründet, um der Initiative eine Rechtsform zu geben. Das Konzept der solidarischen Landwirtschaft berücksichtigt unterschiedliche Ziele gleichzeitig. Die Menschen sollen gesunde Lebensmittel in hoher Qualität und zu einem vertretbaren Preis erhalten. Die Natur soll durch eine nachhaltige Bewirtschaftung aufgebaut und nicht abgebaut werden. Das Ernteausfallrisiko soll gemeinschaftlich getragen werden. Und die Mitarbeiter sollen nicht ausgebeutet werden, sondern einen fairen Lohn erhalten. Das Ernteausfallrisiko wird auf die Schultern der Mitglieder verteilt, indem über den Jahresbeitrag von 100 CHF und die Zahlungen für ein Ernte-Abo, das für eine, zwei oder drei Personen abgeschlossen werden kann, regelmässig Geld auf das Konto des Vereins eingeht. Davon werden alle laufenden Kosten gedeckt, ganz unabhängig vom tatsächlichen Ernteertrag. Dadurch entsteht eine finanzielle Sicherheit und Stabilität. Hierbei gibt es einen Mindestpreis, den alle zahlen müssen. Aber alle sind eingeladen, auch mehr zu zahlen, wenn es ihnen möglich ist. Das bedeutet, dass mal mehr und mal weniger von diesem oder jenem Gemüse verteilt wird, je nachdem wie hoch die Erträge saisonbedingt ausfallen.

GERINGES ERNTEAUSFALLRISIKO DURCH VIELFALT
Der Gesamternteertrag wird aber auch durch die Vielfalt unterschiedlicher Kulturen abgesichert. Es werden Frühkartoffeln, Salat, Fenchel, Kohlrabi, Rosenkohl, Federkohl, Krautstiel, Erbsen, Kefen, Gurken, Randen, Bohnen, Broccoli, Rotkohl, Wirz, Zucchetti, Blumenkohl, Stangensellerie, Mais, Kürbis, Physalis, Auberginen, Pepperoni und Tomaten, davon allein zehn verschiedene Sorten, angebaut. Lagergemüse wird im Winter von anderen Demeterbetrieben zugekauft, weil die Nuglar Gärten noch keine passenden Lagermöglichkeiten haben. Wenn es wetterbedingt bei der einen Kultur mal etwas weniger gibt, dann gibt es an anderer Stelle etwas mehr, weil nicht alle Pflanzen unter den gleichen Wetterbedingungen am besten gedeihen.

Zwei Personen nutzen jetzt eine kleine Fläche, um verschiedene Beeren und Wildbeeren anzubauen. Vom Ertrag werden sie den Nuglar Gärten zehn Prozent abgeben, als Pachtgebühr sozusagen.

Die Nuglar Gärten sind ein zertifizierter Demeter-Betrieb. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Gemüses wird regelmässig mit den Preisen auf dem Wochenmarkt verglichen. In bestimmten Jahren ist die Ernte hervorragend wie in diesem Jahr und dann ist der Preis für Gemüse in Demeter-Qualität sehr günstig im Vergleich zu den Preisen auf dem Wochenmarkt. Manchmal ist es aber auch etwas teurer im Vergleich. Das ist aber erst einmal so gewesen. Normalerweise sind die Preise vergleichbar.

Am Freitagabend betreiben die Nuglar Gärten auf dem Dorfplatz einen Gemüsestand und einmal im Monat gehen sie in Liestal auf den Markt, um auf ihre Initiative aufmerksam zu machen.

Insgesamt bewirtschaften die Nuglar Gärten sechs Hektar, davon wird auf 0,8 Hektar Gemüse angebaut, ein Hektar ist Buntbrache und vier Hektar Wiese mit Obst. Im nächsten Jahr wird die Fläche mit der Buntbrache wieder in die Fruchtfolge aufgenommen und dann soll dort mehr Gemüse und wahrscheinlich auch Getreide angebaut werden.

BODEN UND BODENFRUCHTBARKEIT
Die Böden und ihre Fruchtbarkeit waren bei den Nuglar Gärten von Anfang an ein grosses Thema. Auf den Demoflächen, die über Jahre in ihrer Entwicklung dokumentiert werden, konnte der Humusgehalt innerhalb von 4 bis 5 Jahren von 6% auf 9% gesteigert werden. Das ist eine erstaunliche Entwicklung. Erreicht wurde dies durch eine gezielte Fütterung der Bodenlebewesen durch Gründüngung, auch in Mischkultur mit zum Beispiel Radieschen. Das auf vier Hektar wachsende Heu wird zum Mulchen zwischen den Gemüsekulturen verteilt, wodurch ebenfalls die Bodenlebewesen ernährt werden. Das auf dem Boden liegende Heu schützt aber gleichzeitig den Boden vor Austrocknung und unterdrückt unerwünschte Beikräuter. Die Böden werden mit einer speziell entwickelten Schälfräse nur in den obersten sechs bis acht Zentimetern bearbeitet, um das Bodenleben zu schützen. Von einem Pferdehof in der Nähe kommt der Pferdemist, der zu einem hochwertigen Kompost verarbeitet wird. Hierbei kommen auch bio-dynamische Kompostpräparate zum Einsatz.

BILDUNGSPROJEKTE
Ein wichtiges zusätzliches Element dieser Initiative ist die Bildung. Man will nicht nur selbst innovative Wege gehen, sondern die Öffentlichkeit auch darüber informieren, wie Landwirtschaft wesentlich nachhaltiger betrieben werden kann als bisher. So gab es zum Beispiel am 12. August ein Sommerfest mit anschließendem Solar-Open-Air-Kinoabend. Gezeigt wurde der Film «Kiss The Ground», in dem viele wichtige agrarökologische Zusammenhänge erklärt und innovative Best-practice-Beispiele vorgestellt wurden.

Ein weiteres Bildungsprojekt ist der Weltacker der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, an dem sich die Nuglar Gärten beteiligen. Das Projekt zeigt auf jeweils 2000 qm anschaulich, was weltweit in welchen Proportionen angebaut wird. 2000 qm beträgt dabei die Fläche, die sich pro Kopf ergibt, wenn man die Gesamtzahl der Menschen durch die Gesamtackerfläche teilt. Dabei wird zum Beispiel deutlich, wie viel Fläche für die Produktion von Tierfutter genutzt wird. Weltäcker gibt es inzwischen an vielen Orten. Bei den Nuglar Gärten ist der Weltacker Teil des Bildungsprogramms und bedarf einer kontinuierlichen Pflege und ist daher mit Kosten verbunden.

BEZAHLTE ARBEITSKRÄFTE IM BETRIEB
Bei den Nuglar Gärten ist neben Dominique Oser noch ein zweiter Gärtner tätig. Ausserdem gibt es einen Lehrling, eine Fachkraft für Bildung, die aber auch im Garten hilft, und eine Fachkraft für die Administration. Insgesamt sind es 200 Prozentstellen plus Lehrling, da alle Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten.

Es gibt zur Zeit 80 Abos mit 133 Einheiten, da es auch Abos für zwei oder drei Personen gibt. Da auch Familien mit kleinen Kindern Mitglieder sind, kann man sagen, dass etwa 140 Menschen durch die Nuglar Gärten mit Gemüse versorgt werden.

GEMEINSCHAFTLICHE AKTIVITÄTEN
Dienstags und donnerstags können die Mitglieder beim Gemüseanbau mithelfen. Zweimal im Jahr kann man auch am Samstag mithelfen. Ausserdem gibt es mindestens zwei Feste im Jahr, eines im Frühling und eines im Sommer oder Herbst. In der Zeit der Wintersonnenwende wird ein Flurgang gemacht, zu dem alle Mitglieder eingeladen sind.

   

IM GESPRÄCH MIT DER NATUR
Den MitarbeiterInnen der Nuglar Gärten ist bei ihrer Arbeit die Achtsamkeit auf allen Ebenen wichtig, auch im Hinblick auf das, was die Natur an diesem Standort will, oder, was für sie gut wäre.

Die Natur wird hier wie ein reales Gegenüber betrachtet, mit dem man kommunizieren kann. Bei mir kam die Frage auf, wie man denn unterscheiden kann, ob die Natur tatsächlich auf Fragen antwortet, oder man sich das nur einbildet. Dominique: «Das ist auch Übungssache. Ich mache das schon sehr lange und habe zu dem Thema auch eine Ausbildung gemacht. Mit der Zeit merkt man, dass man viel feiner in der Wahrnehmung und in der Unterscheidung wird, das bin jetzt ich, die da interpretiert, und das kommt jetzt wirklich von aussen. Natürlich bin ich es immer noch, welche die Übersetzung macht, und ich bin es auch, die die Antworten empfängt. Darum ist es auch sehr geprägt von dem, wo ich stehe und was mich beschäftigt. Spannend ist es dann, wenn man das in der Gruppe macht, denn dann kann man die Antworten auch vergleichen und merkt dann, wir haben eigentlich ähnliche und oft auch gleiche Eindrücke. Man kann auch beobachten, dass das, was man an Antworten empfängt, sich komplett unterscheidet von dem, was man zuerst so eher kopfmässig gedacht hat».

WIRTSCHAFTLICHKEIT
Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen immer wieder, dass die Initiative sich im Hinblick auf den Gemüseanbau finanziell tragen kann, aber die Nachhaltigkeitsleistungen (Pflege der Biodiversitätsflächen, Kleinstrukturen, faire Arbeitsbedingungen, die Bildungsveranstaltungen und der Weltacker nicht aus den Mitgliederbeiträgen und Abos finanziert werden können. Dafür braucht es zusätzliche Fundraising-Aktivitäten, um das dafür nötige Geld zu beschaffen.

Aktuell haben die Nuglar Gärten ein Haus gekauft und sind noch auf der Suche nach Darlehen, da eine Hypothek im nächsten Jahr abbezahlt werden muss. Einige Ernte-Abos sind auch noch zu vergeben und neue Mitglieder sind herzlich willkommen. Wer in der Nähe wohnt, sollte sich die Website einmal anschauen oder am besten gleich persönlich vorbeikommen. Den Weltacker kann man jederzeit anschauen.

Wir wünschen den Nuglar Gärten für die Zukunft weiterhin gutes Gelingen!

www.nuglargaerten.ch

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1 ha Buntbrache
4 ha Wiese mit Obst (Hochstammbäume und Beerensträucher)

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